Inszenierte Assoziationsräume
für den Berliner Chor Bancanta zu Faurés Requiem op. 48
im Gedenken an die Verluste und das in der Corona-Pandemie Erlebte
Beschreibung
Im Jahr 2022 wurden Vöcks de Schwindt vom Berliner Chor Bancanta und seinem Leiter Tobias Walenciak mit der Inszenierung des Requiem op. 48 von Gabriel Fauré für Orgel, Solisten und Chor beauftragt. Bancanta wünschte sich eine szenische Inszenierung, die sowohl eine Gedenkfeier für die Toten der Corona-Pandemie als sich auch als eine Art von ‚Umarmung‘ des Chores mit dem Publikum nach den vergangenen zweieinhalb Pandemiejahren verstehen ließe.
Wir wählten für unsere Arbeit einen performativ-choreografischen Ansatz und arbeiteten mit der Präsenz der Chormitglieder im Raum als Hauptelement. Mit ihnen haben wir verschiedene Assoziationsräume inszeniert, die ein Gedenken an die bisherigen Verluste sowie einen kollektiven Raum der Trauer und Reflexion für das in der Pandemie Erlebte ermöglichen sollten. Wir erarbeiteten Bilder von Distanz und Nähe, Zusammenhalt und Isolation, Trost und Konfrontation, um verschiedene Phasen der Corona-Pandemie und ihre sozialen Folgen assoziativ zu reflektieren. Wir haben die Inszenierung spezifisch für den besonderen Raum der Kirche auf dem Tempelhofer Feld entwickelt. Dabei haben wir das Publikum auf der Empore der Rundkirche platziert, von wo es der Aufführung folgen konnte, während der Chor sich im unteren freien Kirchenraum bewegte.
Während des Probenprozesses haben wir für den Chor ein szenisches Training erarbeitet. Dieses Training war einerseits gedacht, den mit szenischen Aufführungen unerfahrenen Chorsänger:innen zu ermöglichen, sich in dieser für sie ungewöhnlichen Situation wohl und sicher zu fühlen. Gleichzeitig sollte das Training ein größeres Bewusstsein für ihre Bewegungen während des Singens fördern. Das wichtigste Anliegen war es uns, ein neues Gefühl von Vertrauen ineinander und eine größere Sicherheit miteinander zu erzeugen. Unser Ziel dabei war es, eine neue Form von Verwundbarkeit zu ermöglichen und dass die Mitglieder des Chores für das Publikum einen musikalischen und performativen Raum der Intimität und Trauer schaffen, wenn sie sich einander öffneten.
Die Inszenierung sollte darüber hinaus in einen Dialog mit dem mexikanischen Totenfest, dem Día de los Muertos, treten, denn das Konzept von Bancanta beabsichtigte, am selben Abend zwei verschiedene kulturelle Rituale um den Tod nebeneinander zu stellen. Wir inszenierten dafür das szenische Konzert mit Faurés Requiem, während der in Berlin basierte mexikanische Kulturverein Calaca im zweiten Teil des Abends ein symbolisches Totenfest veranstaltete. Uns haben dabei weniger die Unterschiede interessiert als vielmehr die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden. Im Bewusstsein, die bildlich-ästhetischen Elemente des Totenfests während des Konzerts nicht entkontextualisiert benutzen zu wollen, haben wir uns entschieden, die Verbindung zwischen beiden Teilen des Abends rein musikalisch zu schaffen. Dafür haben wir mit der Mariachi-Band *El Dorado* zwischen die einzelnen Teile von Faurés Komposition verschiedene szenische-musikalische ‚Unterbrechungen‘ in der Form von traditionellen mexikanischen Liedern eingefügt.
In insgesamt drei Aufführungen wurde die Inszenierung von mehr als 600 Personen gesehen. Zuschauer:innen lobten den emotionalen und intimen Rahmen des Abends sowie den freien, aber gleichzeitig konkreten Raum für Assoziationen, der dem Publikum bei einem so persönlichen und sensiblen Thema wie Trauer und Tod keine plakativen Botschaften aufzwang, sondern individuelle Perspektiven und Emotionen zuließ.
TEIL I: GABRIEL FAURÉ, REQUIEM OP. 48
Künstlerische Leitung & Dirigat Tobias Walenciak
Inszenierung Vöcks de Schwindt
Chor Bancanta
Sopran Juliane Schubert
Bariton Matthias Jahrmärker
Orgel Karolina Juodelyte
Mariachi *El Dorado*
Ausstattungsmitarbeit Lena Loy
Musikalische Assistenz & Dirigat Oliver Wunderlich
Regieassistenz Pia Johanna Syrbe
Stimmbildung Theo Rüster
Ton Jonnathan Gonzalez
TEIL II: SYMBOLISCHES TOTENFEST
Mexikanischer Kulturverein Calaca e.V.
Mariachi *El Dorado* (Künstlerische Leitung: Victor Ibáñez)
Eine Produktion von bancanta e.V.
Gefördert durch den Chorverband Berlin, die Lottostiftung Berlin, Grieneisen Bestattungen und die Stiftung Deutsche Bestattungskultur, in Medienpartnerschaft mit Drunter+Drüber – Das Magazin für Endlichkeitskultur sowie unter der Schirmherrschafft von México – Embajada en Alemania.
Show history
18. September 2022, um 15:00 & 18:00 // Kirche auf dem Tempelhofer Feld // Berlin
17. September 2022, um 18:00 // Premiere // Kirche auf dem Tempelhofer Feld // Berlin